Mo und die Herzberger
Die Kugel ist für dich, Mo Asumang, die Kugel ist für dich!“, hieß es in einem Neonazi-Song. Er wurde der Filmemacherin und Fernsehmoderatorin im Fernsehen vorgespielt, weil man ihre Reaktion darauf sehen wollte. „Es zieht mir den Boden unter den Füßen weg“, berichtete Mo Asumang bei ihrer Lesung in Herzberg.
Im Rahmen der Schulkinotage Demokratie wurde sie eingeladen, da es zum ersten Mal nicht nur Filmvorführungen für Schüler*innen, sondern auch ein offenes Rahmenprogramm gibt. Mo Asumangs Film „Die Arier“ lief am Mittwoch, am Abend zuvor las sie im Gasthaus Deutscher Kaiser aus ihrem Buch „Mo und die Arier“. Gleich zu Beginn eben diese Szene.
Ja, sie reagierte auf die Hassbotschaft mit Angst. Als sie anschließend ins Auto stieg, fragte sie sich, ob vielleicht gerade jemand auf sie zielt. Und bis heute, so erzählte sie später, unterliegt sie dem Zwang, erst einmal in den Kofferraum zu gucken, bevor sie mit dem Auto fährt.

„Ich bin doch bloß eine Migrantin der zweiten Generation“, sagt sie und fragt sich, warum manche Menschen sie deshalb hassen. Diese Frage stellte sie nicht nur sich, sondern insbesondere in ihrem Dokumentarfilm vielen Menschen, die der rechten Szene angehören, die bekennende Neonazis oder Ku-Klux-Klan-Mitglieder sind. Und ja, sie erhielt darauf manche Antworten und immer wieder auf Nachdenklichkeit und Selbstreflexion.
Aus diesen Erfahrungen heraus ist Mo Asumang heute überzeugt, dass „mit Nazis redet man nicht“ grundsätzlich falsch ist. Das provoziere eine Abwehrhaltung und treibe diese Menschen nur no0ch mehr in die rechten Bubbles, in denen ihnen vorgesagt wird, was sie zu denken haben. Dem könne nur entgegengewirkt werden, indem man wieder und wieder mit diesen Menschen diskutiert. „Ich stehe für Dialog“, betonte sie.
Ja, Dunja Hayali hat sich ganz aktuell für eine Weile aus der (digitalen) Öffentlichkeit zurückgezogen. (Das übrigens, weil sie zum Mord an Charlie Kirk sagte, es sei mit nichts zu rechtfertigen, dessen Tod zu feiern, „auch nicht mit seinen oftmals rassistischen, sexistischen und menschenfeindlichen Aussagen.“ Auf diese Aussage hin, erhielt sie Anfeindungen und Todesdrohungen.) Auch diesen Rückzug kann Mo Asumang verstehen, schließlich weiß sie ja, wie sich sowas anfühlt. Ebenso die Haltung von Esther Bejarano, die sie gut kannte und die ihr immer wieder sagte, sie wolle nicht mit Nazis reden.

Mo Asumang hat sich jedoch für einen anderen Weg entschieden, gründete mit mo:lab einen Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Menschen für diesen Dialog zu schulen und zu stärken. Es müsse ja nicht immer gleich der Mann vom Ku-Klux-Klan sein (der ihr übrigens in eigenen Worten nicht erklären konnte, warum er sie oder insbesondere ihre Hautfarbe eigentlich hasst), es könne ebenso der Sympathisant gewisser Gruppierungen aus dem persönlichen Umfeld sein.
„Früher sagte man: Kalle, das kannste so aber nicht sagen, heute kündigen wir Kalle sofort die Freundschaft“, überspitzte sie, warum unsere Gesellschaft immer weiter auseinander zu driften scheint. Sie würde auch gerne Alice Weidel interviewen, weil sie diesen Gegensatz zwischen deren Ideologie und persönlicher familiärer Situation einfach nicht versteht. Allerdings plädierte sie auch dafür, in den Polittalkshows, in denen populistische Politiker eingeladen sind, immer jemanden direkt daneben zu setzen, der die Fakten checkt und geraderückt.
Es waren harte Erlebnisse und deutliche Botschaften, mit denen Mo Asumang ihr Publikum konfrontierte. Sie tat das allerdings zunächst im Interview mit Dirk Assel und dann im direkten Dialog mit den Zuhörer*innen so locker und unverkrampft, so dass auch durch diesen Abend deutlich wurde, warum sie so gut mit Menschen ins Gespräch kommt. Quod erat demonstrandum.