Deutschland muss wieder sicher werden

Was ist dran am Gefühl vieler Menschen, dass es in unserem Land immer unsicherer wird?

 

„In Deutschland kann man nicht mehr sicher leben“, behauptet der stellvertretende Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft DPolG, Manuel Ostermann. Damit greift er ein Gefühl der Unsicherheit vieler Menschen auf, fordert, dass Deutschland endlich wieder sicher wird. „Man kann die Realität gerne leugnen, aber das wäre ein Bärendienst für die in Deutschland lebenden Menschen.“ Doch wie sieht die Realität denn aus?


Ja, Anschläge wie in Magdeburg und Tötungsdelikte wie in Augsburg sind eine Tragödie und dürfen nicht passieren. Gerade in den sozialen Medien aber lesen wir täglich davon, täglich fordern auch Politiker (unter anderem ganz vehement auch Bundeskanzler Merz), dass sowas nicht Normalität werden darf, oder schärfer formuliert, dass wir nicht zulassen dürfen, dass Ausländer jeden Tag jemanden mit einem Messer abstechen.


Doch Moment mal. Jeden Tag? Wie hoch ist eigentlich die Tötungsrate in Deutschland? Im Jahr 2023 betrug die Zahl der Mordfälle in Deutschland 214. Mehr als im Vorjahr. Also nicht jeden Tag, aber mehr als jeden zweiten. Statistisch gesehen laufen wir also jeden zweiten Tag Gefahr, ermordet zu werden. Das klingt durchaus beunruhigend.

 

 

Alles eine Folge rot-grüner Politik? Wie gesagt, die Zahl der Morde ist von 2022 auf 2023 angestiegen. Von 211 auf 214 Fälle. Vor der Ampel, 2020 waren es 245. Also stieg die Bedrohung durch den Zustrom von Flüchtlingen und Merkels „Wir schaffen das“? Auch nicht. 2014 gab es in Deutschland 249 erfasste Mordfälle.


Also sehen wir uns alles mal im internationalen Vergleich an. Das United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC) erhebt die jährliche Tötungsrate pro 100.000 Einwohner. Die gilt internat

ional als Indikator für den Sicherheitsstandard eines Landes. Sie liegt in Deutschland im Jahr 2021 bei 0,8, also 0.8 Tötungen pro 100.000 Einwohner.
Was bedeutet das eingeordnet in den internationalen Kontext? Nun, in Frankreich liegt die Tötungsrate bei 1,1, in den Vereinigten Staaten bei 6,4, in Russland bei 6,8. In Syrien beispielsweise lag sie 2010 bei 2,2, in Argentinien liegt sie bei 4,3. Die sichersten Länder der Welt sind danach Amerikanisch-Samoa, Monaco, Montserrat, Tuvalu und Vatikanstadt mit einer Tötungsrate von 0. Die meisten Länder dieser Erde aber sind deutlich unsicherer als Deutschland.

 

 

Betrachtet man übrigens die Zahl aller erfassten Straftaten in Deutschland, stellt man fest, dass diese vor zwanzig oder auch dreißig Jahren ebenfalls deutlich höher lag als heute. Unter 6 Millionen Taten waren es laut Statista 2023, während die Zahl 2005 bei 6.391.715 und im Jahr 1995 bei 6.668.717 lag.


Demnach ist die von vielen gefühlte Unsicherheit in unserem Land eine subjektive Wahrnehmung oder aber eine gefühlte Wahrheit, die gezielt befeuert wird. Natürlich ist jeder Tod tragisch, jeder Mord unnötig, jedes Opfer beklagenswert. Aber absolute Sicherheit gibt es nicht, nicht mal, wenn wir populistischen Narrativen folgen, die Menschen bestimmter Herkunft durch rassistische Verallgemeinerungen zur Ursache für Unsicherheit erklären wollen.


Wenn wir so sicher wie möglich sein wollen, müssen wir uns am besten eine Insel im Pazifik suchen, oder aber die, die uns Angst machen wollen, immer wieder zu hinterfragen, was vielleicht ihre Absicht sein könnte. Oder anders gefragt: Erweisen nicht diejenigen, die uns immer wieder Unsicherheit einreden (und auch gleich noch mit ausgestrecktem Finger auf vermeintliche Sündenböcke zeigen) den Menschen in Deutschland einen Bärendienst?