Kultur überwindet Grenzen

Krimi-Party auf dem Brocken

 

Die Dampflok kämpfte sich den Berg hinauf, vorbei an abgestorbenen Bäumen und zum Teil verbrannten Stümpfen. Ja, die Trockenheit und der Borkenkäfer und nicht zuletzt die ebenfalls durch den Klimawandel bedingten Waldbrände haben das Gesicht des Harzes in den vergangenen Jahren verändert. Was weltweit durch die Medien geistert, wird hier sichtbar. Tragisch. Zumindest auf den ersten Blick. Doch die Natur wird sich erholen, auch das wird hier unterhab des Brocken deutlich. Wenn überhaupt sind wir Menschen am Ende die Leidtragenden.

 

Doch während Roland und ich mit der Brockenbahn nach oben fuhren, redeten wir über ganz andere Zeiten, die die Welt veränderten. Denn noch vor wenigen Jahrzehnten wäre eine solche Fahrt undenkbar gewesen. Die Welt, Europa, Deutschland und auch der Harz waren geteilt, dass wir jemals auf dem Gipfel des Brocken stehen würden, war für mich in meiner Kindheit und Jugend unvorstellbar.

 

Am Pfingstsonntag feierte das Brockenhaus sein 25-jähriges Bestehen, wir waren eingeladen und mir wurde erst auf der Fahrt so richtig bewusst, wie geschichtsträchtig dieser Anlass eigentlich ist. Daher möchte ich euch hier erst einmal meinen Pressetext zu lesen geben:

 

 

Kaum ein Ort in Deutschland ist neben Berlin und der Mauer so sehr mit der deutsch-deutschen Teilung und der Wiedervereinigung verbunden wie der Brocken. Seit 25 Jahren thront auf dem höchsten Berg Norddeutschlands das Brockenhaus und ist einerseits Museum, um an die bewegte Historie des stürmischen Gipfels zu erinnern, andererseits Besucherzentrum des Nationalparks Harz.


Zu Pfingsten wurde es im Jahr 2000 eröffnet, am Pfingstsonntag wurde auch das große Jubiläum gefeiert. In Grußworten und Festreden, unter anderem vom stellvertretenden Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Armin Willingmann, oder dem ehemaligen Leiter des Nationalparks sowie Oberbürgermeister der Stadt Wernigerode, Peter Gaffert, wurde der Entstehungszeit sowie des vergangenen Vierteljahrhunderts gedacht, wo das Brockenhaus von der „Stasi-Moschee“ zum Symbol des heute grenzenlosen Harzes wurde.


Diesen Blick auf den gesamten Harz unterstreicht der heutige Brockenhaus-Geschäftsführer auch immer wieder mit dem Mordasharz-Festival, das in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Niedersachsen stattfindet und jährlich Krimifans an ausgewählte Orte und somit auch auf touristische Pfade in die Region holt und zum festen Bestandteil des kulturellen Angebots in allen drei Bundesländern wurde. Aus diesem Grund wurde auch das Jubiläum mit drei hochkarätigen Krimilesungen gefeiert.


Die Bestsellerautoren Sebastian Fitzek, Sven Stricker und Andreas Gruber waren zu Gast und boten den Gästen in einer von Dietmar Wunder – die deutsche Stimme von James Bond oder John Sinclair – moderierten Gala Einblicke in die Welt ihrer Bücher. Alle drei zeigten sich in bester Erzähllaune, lasen einzelne Passagen und erzählten einige Anekdoten zum Entstehen ihrer Krimis oder auch zu Mordsharz und ihren Erlebnissen im Harz.


Zwischendurch gab es Theater und im Erdgeschoss Livemusik, so dass es eine abwechslungsreiche lange Museumsnacht wurde, an deren Ende es für die meisten Gäste mit einem Sonderzug der Harzer Schmalspurbahnen wieder zurück nach Schierke bzw. Wernigerode ging. Hier schlossen sich auch die meisten derjenigen an, die nachmittags noch mit Andreas Gruber und Ranger Robby Meissner nach oben gewandert waren.

 

 

Soweit also der offizielle Pressetext, der ja durchaus schon deutlich macht, wo ich meine Schwerpunkte setze. Da ich ihn für Mordsharz geschrieben habe, lege ich natürlich auch meinen Fokus auf die Krimiautoren und das Festprogramm, ist ja klar. Aber eben nicht nur deshalb. Das Brockenhaus, das Mordsharz-Festival und eben dieser Abend sind für mich auch geradezu symbolisch.

 

Vor allem ein Symbol dafür, dass aus einem militärischen Ort auch einer der Kultur werden kann. Ein Ort, den kaum Menschen betreten durften, steht inzwischen für ein Festival, vielleicht sogar das einzige, in drei Bundesländern. Grenzenlos. Literatur, die Grenzen überwindet oder gar nicht mehr wahrnimmt, und stattdessen Menschen verbindet. Das war und ist immer der Gedanke unseres Festivals und von Kultur ja ohnehin. Und es ist irgendwie auch ein Symbol dafür, dass wir es alles in der Hand haben. Wir sind es, die diese Welt für uns gestalten, ob nun auf nationaler Ebene oder global und in Bezug auf den Klimawandel. Auch da können wir durchaus beeinflussen, wie die kommenden Generationen auf dieser Welt leben können. An diesem Ort und auf dieser Bahnfahrt ist mir das wieder einmal sehr bewusst geworden.