Warum wir Kirche brauchen - vielleicht nötiger denn je - Teil 2
Die zweite Veranstaltung, die mir in den letzten Tagen irgendwie unter die Haut gegangen ist, war das Jubiläum unserer Jugendkirche:
„Wir wollen Gottesdienste wirklich feiern“, begrüßte Rieke zum Jubiläumsgottesdienst der Jugendkirche Paulus in Bad Lauterberg. Viele, die die Events der Jugendlichen und jungen Erwachsenen seit nunmehr fünf Jahren besuchen, wissen, was das bedeutet. Licht aus, Spot an, die Musik wird laut und es wird getanzt.
Doch diejenigen, die die Gottesdienste der Jugendkirche kennen, wissen auch, was anschließend passiert. Da wurden nämlich auf der großen Videowand Fotos aus den vergangenen fünf Jahren gezeigt
und Kim verband sie mit einigen Worten aus der Bibel, die ihrer Meinung nach am besten auf die jeweilige Situation passten. Es ging um Gemeinschaft, um Wagnisse, um große Ziele, um
Unsicherheiten, um Vertrauen, das Gott gibt, immer um einen Glauben, der in jeder Lebenssituation mitschwingt.
„Wir wollten groß träumen und für die Region was bewegen“, sagten Rieke und Kim anschließend Lisa in einem kleinen Interview zur Historie ihres Projekts JuKi Paulus. Viel Planung im Vorfeld,
besondere Herausforderungen durch Corona, dann aber Eventgottesdienste zu Star Wars, Harry Potter, ABBA, den Beatles und vieles mehr. Das Weihnachtsessen, das an Kundinnen und Kunden der Tafel
ausgeliefert wurde zum Beispiel. Oder der Jugendraum, der nach eigenen Wünschen gestaltet ist.

Oft war die Kirche voll, sie haben Menschen, insbesondere junge Menschen mit ihren Ideen erreicht. Das war von Anfang an das Ziel und ist es nach wie vor. Gelebter Glaube mit viel Freude, weil sich nun einmal alles im Leben auf den Glauben beziehen lässt. Diese Mischung sei es auch für Lisa gewesen, mit dem Team der JuKi in Kontakt zu treten, erzählte sie.
„Prüft alles und behaltet das Gute“, zitierte Pastor Simon Burger die aktuelle Jahreslosung. Wir haben in unserem Leben die Möglichkeit, vieles zu prüfen und uns dann für einen guten Weg zu
entscheiden. Wir können mit Gottvertrauen auf die Welt blicken und sie gestalten. „Das passiert hier an diesem Ort“, machte er deutlich. Die Jugendkirche bietet Jugendlichen Freiraum, sich in
Kirche einzubringen.
Sein Dank und der Dank der aktiven Mitglieder ging an alle, die sich in die oft großen Planungen und Vorbereitungen einbringen und in den vergangenen fünf Jahren eingebracht haben. Das
Technikteam, einige, die aus beruflichen Gründen neue Wege gehen mussten, viele Unterstützer. All das macht die JuKi aus. Und genau deshalb ist auch jede und jeder willkommen, der selbst einmal
schauen möchte, was die Jugendkirche eigentlich ist, der sich mit Ideen einbringen möchte, der Teil der Gemeinschaft sein will, herzlich willkommen.

Die Kollekte in diesem Gottesdienst ging übrigens an ein Hilfsprojekt in Sambia, da die Jugendkirche eben auch immer andere unterstützen will, die nicht solche Chancen im Leben haben. Jeanette Phiri aus Bad Sachsa stellte das Kwathu Children’s Home in Livingstone kurz vor, berichtete über ihre Zeit dort, in der sie half ein Waisenhaus aufzubauen und bis heute mit betreut.
Vor allem wurde an diesem Nachmittag aber gefeiert. Nicht nur im Gottesdienst mit Musik von José Lopèz de Vergara und Maja Garneboge, sondern auch schon zuvor mit einem Konzert von Frank Bode.
Und vorher, zwischendurch und hinterher mit ganz viel Begeisterung und auch ein wenig wehmütigen Erinnerungen an so viele Events, für die fünf Jahre eigentlich erstaunlich kurz sind. Sind das
wirklich erst fünf Jahre?

Und zuletzt möchte ich euch noch meinen Text zur gestrigen Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus als Denkanstoß mitgeben:
Sogar der NDR hatte es mehrfach angekündigt: Auf dem Osteroder Kornmarkt gab es eine große Gedenkveranstaltung für die Opfer der Nationalsozialisten vor 80 Jahren, gegen das Vergessen und für eine wehrhafte Demokratie, die sich gegen jeglichen Faschismus stellt. Es war ein Zeichen, dass die Stadt, die Kirche und ein breites Bündnis aus Bürgerinnen und Bürgern, allen voran die Omas gegen Rechts, setzte.
Der 27. Januar ist der Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, ein Tag des Erinnerns und der Mahnung. So machte Bürgermeister Jens Augat dann auch deutlich: „Hass und Hetze sind
wieder salonfähig geworden.“ Es sei wichtig, dem etwas entgegenzusetzen, denn „Extremismus zerstört das Fundament unserer Demokratie“. Dem stimmten mindestens die etwa 250 Menschen auf dem
Kornmarkt zu.
Die Kirche habe damals große Fehler gemacht, ergriff Ulrike Schimmelpfeng, Superintendentin des Kirchenkreises Harzer Land, das Wort. Es sei wichtig, das einzugestehen und daraus Konsequenzen zu
ziehen. „Weil wir um diese Fehler wissen, setzen wir alles daran, dass heute jedem Menschen auf der Welt mit Nächstenliebe begegnet wird. Jeder Mensch hat nach unserem christlichen Verständnis
von Gott eine Würde bekommen, jeder Mensch ist es wert, gut zu leben.“

Sie habe mit Menschen zu tun, die aus Deutschland abgeschoben werden sollen, berichtete sie, mit Menschen, die Angst haben, weil ihnen in ihrem Heimatland der Tod droht. Daher forderte sie deutlich: „Finger weg vom Grundrecht auf Asyl!“
Für die Omas gegen Rechts machte Brigitte Maniatis deutlich: „Wir stellen uns gegen Parteien, die die Geschichte verdrehen und damit auf Stimmenfang gehen.“ Und Maie Conrady und Lena Enge,
Schülerinnen der Fachoberschule Sozialpädagogik, die sich im Unterricht mit Pastorin Susanne Bachmann-Günther mit dem Thema des Holocaust auseinandergesetzt hatten, schilderten die Schicksale der
Menschen hier vor Ort, von Jüdinnen und Juden, die zunächst ausgegrenzt, dann verfolgt wurden, ebenso wie auch Sinti und Roma, queere Menschen, Menschen mit Behinderungen und alle, die nicht ins
Idealbild der Nazis passten.
Die rassistische Ideologie war auch in der Provinz, im Alltag eines jeden spürbar, auch an den Schulen, an denen der Hitlergruß zur Pflicht wurde und alles Lehren nur noch dem faschistischen
Regime diente. Damit wurde durch diese Gedenkstunde nicht nur der Schrecken für viele Menschen damals nachvollziehbarer, es wurde auch deutlich, was für uns alle auf dem Spiel steht, wenn
völkische Kräfte wieder Macht bekommen sollten.