Der Tag, an dem viele das Vertrauen in die Regierungen verloren

9/11 – War die Welt danach eine andere? - Teil 1

 

Wisst ihr noch, wo ihr am 11. September 2001 wart? Jener Tag vor genau zwanzig Jahren als zwei entführte Flugzeuge in die Türme des World Trade Centers in New York krachten und sie später zum Einsturz brachten.

 

Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich - damals studierte ich noch und wohnte noch nicht im Harz - in den Semesterferien meine Freundin Ari für ein paar Tage besuchte. An diesem Vormittag hatte sie irgendetwas zu erledigen und ich bummelte durch die Goslarer Innenstadt. Irgendwann lief ich auch durch Karstadt und wunderte mich in der Technikabteilung, warum so viele Leute vor den Fernsehern standen. Es lief irgendein Actionfilm, dachte ich, einer mit einem Flugzeug und einer unfassbar surrealen Explosion im World Trade Center.

 

Den Einschlag der zweiten von Terroristen entführten Maschine sah ich dann mit Ari zusammen bei ihren Eltern, doch es wirkte immer noch so unfassbar wie bei Karstadt mit lauter fremden und ebenso sprachlosen Menschen zwischen Nokia 3310-Handys und Werbung für Silent Hill 2. Es dauerte lange bis ich wirklich begriff, was da gerade passierte, doch mir war klar, dass es ein Ereignis war, was unsere Welt veränderte.

 

Mit den Kreuzzügen gegen den Terrorismus wie die USA sie in den folgenden Jahren praktizierten, hatte ich so natürlich nicht gerechnet. Auch nicht mit den Verschwörungstheorien, die bei vielen Menschen offenbar das Vertrauen in jede Regierung untergraben haben und sich offenbar bis heute zeigen. Naja und ich konnte auch nicht ahnen, dass Nokia und die Grafik von Silent Hill mir eines Tages mal so veraltet vorkommen würden, eben weil die Welt seit damals sich rasanter verändert hat als jemals zuvor.

 

 

Doch das ist ein anderes Thema. Heute möchte ich mit euch zwanzig Jahre zurückreisen, das heißt eigentlich nur neunzehn Jahre. 2002 nämlich war ich zusammen mit meinem Bruder drei Wochen lang in den USA, wir haben einen Road-Trip an der Westküste entlang gemacht und hatten zuvor ein paar Tage einen Zwischenstop in New York eingelegt.

 

„Ground Zero ist ein unglaublich großer Krater inmitten von Wolkenkratzern und einer belebten Stadt, bei dessen Anblick ich mir nicht vorstellen kann, dass hier noch vor einem Jahr das höchste Gebäude von New York City gestanden haben soll“, schrieb ich damals in mein Reisetagebuch, bei dem ich heute froh bin, dass ich die Disziplin aufbrachte, jeden Abend wenigstens einen kurzen Abriss des jeweiligen Tages zu schreiben. Doch lasst mich anders anfangen...

 

Unser Amerika-Trip war lange geplant und sollte eigentlich in Kalifornien starten. Drei volle Wochen mit dem Mietwagen einfach dorthin, wohin es uns spontan zieht. Mein Bruder suchte die Wurzeln des Hip Hop und ich den Duft der weiten Welt, der mir im kleinen Osnabrück fehlte. Relativ kurzfristig entschieden wir uns dann doch, die Reise in New York beginnen zu lassen und letztlich war es diese Stadt, die uns am meisten beeindruckte, mich in ihrer Vielfalt faszinierte und uns schon auch irgendwie einen kleinen Einblick in die Seele der größten Wirtschaftsmacht der Welt gewährte.

 

 

Unser erster Blick auf die Metropole bot sich vom Flugzeug aus, unter dem sich irgendwann das Häusermeer ausbreitete, allerdings erst einmal nicht mit der bekannten Skyline, sondern in schier endlos erscheinenden Vorortsiedlungen. In die eigentliche Großstadt tauchten wir mit dem Taxi ein, das uns zu einem erstaunlich günstigen Hostel in unmittelbarer Nähe des Times Squares brachte, das wir auch damals schon übers Internet gebucht hatten. Zu Fuß machten wir uns dann daran, die Umgebung zu erkunden, der Mietwagen kam erst später ins Spiel.

 

„Überall um uns herum Wolkenkratzer, Neonreklamen, alles ist groß, bombastisch, typisch amerikanisch. Wir haben das Gefühl, in einer völlig eigenständigen Welt aus Fassaden, Werbung und Konsum zu sein, fühlen uns geradezu erschlagen von der Metropole“, schrieb ich am Abend. Times Square, Broadway und 42. Street lagen auf unserer Route, später dann auch der Central Park, nunmehr eine grüne Welt inmitten der Stadt. „Wir könnten hier Wochen verbringen und würden diese Stadt nicht einmal ansatzweise verstehen“, fasste ich später zusammen.

 

Einige Eindrücke setzten sich in drei Tagen, die wir dort waren, aber doch fest. Zum einen war da die an jeder Ecke spürbare Internationalität, die dem patriotischen Bild von Uncle Sam völlig konträr gegenüberstand. Dazu an vielen Leuchtreklamen und in zahlreichen Schaufenstern Slogans und Auslagen, die auf den 11. September im Jahr zuvor Bezug nahmen. John Lennons „Imagine all the people living life in peace“ war immer wieder zu lesen, dazwischen natürlich auch auffallend viele US-Flaggen als Zeichen des ungebrochenen Stolzes.

 

Fortsetzung folgt...