Jugendliche, die Großes auf die Beine stellen

Indirekter Eingriff in die Berichterstattung - Teil 1

 

Das Handy klingelt und eine recht junge Stimme meldet sich. Es gehe um ein Konzert, ein Konzert gegen Rechts, ob ich nicht darüber schreiben könne. Im Laufe des Gespräches klärt sich, dass die Idee dazu tatsächlich von einigen Jugendlichen kommt, sie haben sich ein bisschen Hilfe gesucht, doch organisiert haben sie alles mehr oder weniger in Eigenregie. Allerdings haben sie ihr Event bis jetzt nur in den sozialen Netzwerken gepostet und niemand dachte an die herkömmliche Presse.

 

Nun liegen mir Jugendliche besonders am Herzen, besonders, wenn sie Engagement zeigen und dann auch noch für eine gute Sache. Natürlich gilt der alte journalistische Grundsatz, dass ich mich auch mit einer guten Sache nicht gemein machen darf, doch gerade diesen Punkt sehe ich inzwischen etwas anders. Neutralität und Sachlichkeit ist gut und wichtig, bei bestimmten Themen, so bin ich inzwischen überzeugt, darf ich aber auch als Journalist nicht leidenschaftslos bleiben. Und wenn junge Menschen sich für Toleranz, Mitmenschlichkeit und eine offene Gesellschaft engagieren wollen, dann kommt bei mir umgehend Leidenschaft auf.

 

„Okay, dann trommel mal möglichst viele von euch zusammen und lass uns einen Termin machen, damit ich euer Konzert ankündigen kann, am besten schon morgen oder übermorgen, denn sonst ist es zu spät.“ Zwei Stunden später meldet er sich wieder und hat es tatsächlich geschafft, für den kommenden Tag ein Treffen mit dem Kern des Teams anzusetzen. Das beeindruckt mich ein wenig, muss ich zugeben.

 

 

Noch mehr beeindruckt mich am nächsten Tag dann die Leidenschaft, die die Jugendlichen für ihr Konzert zeigen. Einige von ihnen hatten nach einer Ausstellung über Anne Frank den dringenden Wunsch, irgendetwas auf die Beine zu stellen, das ihre Altersgenossen davor warnt, dass Geschichte sich wiederholt. Dazu haben sie die üblichen Vereine und Institutionen mit ins Boot geholt und ein Konzert mit gleich vier Bands organisiert, das schon in der kommenden Woche stattfindet. Also höchste Zeit für eine Ankündigung in der klassischen Presse, denn das fordern auch die, die sie unterstützen.

 

Ein Versprechen, dass ich auch zum Konzert komme und darüber berichte, gebe ich ebenfalls. Zum einen, weil mir der Einsatz und die Aussage des Events gefällt, zum anderen, weil ich von den vier Bands immerhin zwei kenne und auch rein privat unbedingt hören möchte. Die dritte ist ebenfalls aus der Region, die kenne ich aber nicht und als Hauptact konnten die Kids einen relativ bekannten überregionalen Künstler gewinnen. Finde ich beachtlich. Ein Pressefoto des Hauptacts bekomme ich auf meine Anfrage hin allerdings leider nicht mehr, stattdessen nur die Antwort, ich solle mir eines aus dem Netz holen. Zum Glück gelingt es mir aber, meine Pressemitteilung relativ weit zu verbreiten, so dass ich hoffe, doch noch ausreichend anzukündigen, wenn eben auch mit Fotos der Organisatoren und der regionalen Bands.

 

Ein paar Tage später ist es dann soweit und am frühen Abend bin ich einer der ersten Gäste, werde begeistert empfangen und werde backstage sofort mit Kaffee versorgt. Ehrlich gesagt habe ich schon Events von erwachsenen und professionellen Veranstaltern erlebt, die sich längst nicht so bemüht haben.

 

 

Zuerst begrüße ich die Musiker der beiden Bands, die ich kenne und wir plaudern ein wenig, dann frage ich jenen Jungen, der mich zuerst angerufen hat, ob denn auch der Hauptact schon da ist. „Ja, ist er, aber der ist schon mit seiner Freundin wieder weg und kommt dann hoffentlich pünktlich zu seinem Auftritt.“ Also Begeisterung klingt anders. „Naja“, gibt er zu, „er war ja so ganz nett, lässt aber schon irgendwie raushängen, dass er sonst auf größeren Events unterwegs ist.“

 

Gerade, wenn die Organisatoren Jugendliche sind und vermutlich sogar Fans, schreckt mich sowas grundsätzlich erst einmal ab. Da ich ihn aber nicht kenne – er ist in der HipHop-Szene unterwegs und das ist nun mal so gar nicht meine – warte ich erst einmal ab. Tatsächlich ist mein erster persönlicher Eindruck dann ein positiver, denn der Künstler ist mir gegenüber sehr umgänglich und stimmt sogar einem Interview zu, das ich übrigens auch angefragt hatte.

 

Während wir im Backstagebereich etwas aufnehmen, was ich eigentlich auch meiner Pressemitteilung anhängen möchte, spielt vorne schon die erste Band und selbst hier hinten merkt man deutlich, wie gut die Stimmung ist. Der Hauptact und seine Freundin verschwinden nach dem Interview erst noch einmal, doch das stört mich wenig, denn ich wollte ja sowieso vor allem die anderen Bands hören. Die rocken auch alle echt gut ab, und auch, wenn leider nur wenig Besucher da sind, ist die Stimmung großartig.

 

Fortsetzung folgt...