Mit dem stummen Timo im Keller

Streit mit dem Vermieter und kein Ende - Teil 2

 

Einsichtig zeigen sich die Vermieter nach dem Gutachten natürlich immer noch nicht, relativierende Begriffe wie „vermutlich“ oder „wahrscheinlich“ deuten sie als Beweis dafür, dass der Schimmel doch vom falschen Lüften kommt. Dennoch zeigen sie sich einem weiteren anwaltlichen Schreiben gegenüber kompromissbereit und da wir längst auch keine Lust mehr auf den Streit haben, vereinbaren wir schließlich einen Termin zur Schlüsselübergabe.

 

Pünktlich stehen D., Rainer und ich dann auch vorm Haus, die Vermieterin ist schon da, ebenfalls mit Verstärkung, von der ich vermute, dass es wohl ihr Sohn ist. Er wird uns bloß als Timo vorgestellt, sagt selbst aber die ganze Zeit über kaum mehr als drei Worte, so dass er für uns hinterher nur „der stumme Timo“ bleibt.

 

Dafür redet die Vermieterin umso mehr, erklärt uns wortreich, dass Anwälte ja sowieso lügen und dass unser Anwalt ihr gegenüber auch schon eingeräumt habe, dass in den meisten Fällen immer beide Parteien irgendwie Recht haben. Soll uns recht sein, wir wollen jetzt vor allem den Schlüssel los werden und damit dieses Kapitel im wahrsten Sinne des Wortes endlich abschließen.

 

Dennoch erfolgt ein ausgiebiger Rundgang durch die gesamte Wohnung, während der uns die Vermieterin bei Heizkörpern, Türen, Tapeten und anderen Details immer wortreich erklärt, wann diese eingebaut wurden, wie teuer sie waren, dass alle anderen Mieter damit immer voll zufrieden waren und sie pfleglich behandelten, nur durch D. und seine Familie sei nun alles verwohnt und müsse erneuert werden.

 

 

Da wir es uns ganz fest vorgenommen haben, kommentieren wir all das kaum, sind ähnlich stumm wie der stumme Timo, denn wir haben uns sagen lassen, wenn wir den Schlüssel erst einmal los sind, dann können keine weiteren Ansprüche geltend gemacht werden. Zudem sind es eben ihre unerschöpflichen Wortschwälle, mehr aber nicht, denn im Grunde sind es keine konkreten Schäden, die da festgestellt werden können.

 

Am Ende sind wir im Keller angekommen, wo wir noch einmal alle Zählerstände notieren, unserer Meinung auch die der anderen Wohnung im Haus, doch das ist uns egal, denn wir wollen nur noch hier raus. Dafür hat Rainer dann auch ein Schriftstück vorbereitet, mit dem sie uns die Schlüsselübergabe bestätigen soll. Natürlich geht auch das nicht so einfach und wir müssen ihre weiteren Ausführungen übers falsche Lüften und dass sie ihren Mietern ja oft genug erklärt habe, wie das richtig geht, über uns ergehen lassen. Irgendwann unterschreibt sie dann doch und wir sind heilfroh, die Tür endlich und endgültig hinter uns zuziehen zu können.

 

Alles andere ist nun Sache zwischen den Vermietern und der Stadt bzw. zwischen den Anwälten, wir haben schließlich auch genug Zeit investiert und D. versteht eigentlich immer noch nicht so ganz, wo genau das Problem liegt. In seiner Heimat werde zwar auch viel gestritten, so sagt er, doch dass auch Streit in Deutschland irgendwann in einem Papierkrieg mit den Behörden mündet, das kannte er vorher nicht.

 

 

Zunächst einmal ist nun Ruhe, doch nach einigen Wochen, F., D. und die Kinder haben sich schon längst in der neuen Wohnung eingelebt und schwärmen von den neuen Vermietern, die zum Glück nicht so viel reden wie die alten, erreicht uns wiederum ein Brief vom Anwalt. Jetzt haben die Vermieter noch einmal eine Mängelliste geschickt, voller Schäden, die D.s Familie ihnen noch bezahlen soll. Alles einzeln aufgeschlüsselt, nichts davon wurde bei der letzten Begehung oder davor mal angesprochen, einige Schäden sogar auf die Zeit nach der Schlüsselübergabe datiert.

 

Wenn wir uns auch zusammenreißen müssen und es in uns brodelt, so beherrschen wir uns doch und bleiben unserem Gebot der stoischen Ruhe treu. Laut Kompromiss ist ja alles schon einmal geregelt gewesen und wir konnten uns auch zähneknirschend damit anfreunden, wenn also jetzt noch Forderungen kommen, ist es an den Vermietern, diese auch durchzudrücken. Nicht unser Problem also und D. raten wir, dass er auf Briefe aufgrund der Sprachbarriere leider nicht antworten kann. Der Anwalt sieht es ebenso und verliert auch kein Wort darüber, dass in jedem Rechtsstreit eventuell beide Parteien irgendwie Recht haben.

 

Damit ist grundsätzlich Ruhe, doch irgendwie lässt mich das Thema dennoch nicht kalt. Ganz offiziell beginn ich zu recherchieren, stoße auf zahlreiche Flüchtlingsfamilien, die ähnlich schlechte Erfahrungen machten und sich über den Tisch gezogen fühlten. Am ende spreche ich sogar mit einem Vermieter, der mir gegenüber den schönen Satz sagt: „An jemand anderen als an Flüchtlinge würde ich einige Buden ja auch nicht loswerden.“

 

Genau das wird dann zur Überschrift in einem Presseartikel, der mir noch einmal viele Reaktionen einbringt, weil unsere Erfahrung wohl tatsächlich alles andere als ein Einzelfall ist. Sogar einige andere Zeitungen melden sich bei mir, weil sie die Geschichte ebenfalls aufgreifen wollen. Ob es grundsätzlich etwas ändert, weiß ich nicht, doch nach allem, was ich in den letzten paar Jahren erlebt habe, kann ich solche Dinge nun mal nicht mehr schweigend hinnehmen.