Wer Ausländer ist, bleibt draußen

Wanted: Wohnung ohne Schimmel - Teil 2

 

Schon am nächsten Tag ruft D. bei mir an und fragt, ob ich mit ihm eine Wohnung besichtigen könne. Zunächst einmal wundert mich, dass er so schnell überhaupt einen Besichtigungstermin klarmachen konnte. Als wir uns wenig später treffen, klärt er mich allerdings auf: „Ich habe überall angerufen, wo jemand eine freie Wohnung angeboten hat. Die meisten Leute legten sofort auf, wenn ich gesagt habe, dass ich Ausländer bin. Und die anderen legten dann auf, wenn ich erzählte, dass wir drei Kinder haben und F. gerade schwanger ist.“

 

Zum Glück ist Deutschland weder ausländer- noch kinderfeindlich. Manchmal liebe ich mein Heimatland so richtig. Das dämmert allmählich auch D. Inzwischen habe er den Eindruck, dass vielleicht doch nicht alle Deutschen nett sind, sagt er mir mit einiger Schwere in der Stimme. Auch die Wohnung, die wir jetzt besichtigen wollen, gehört keinem Deutschen, sondern einem Ausländer. Wie gesagt, alle Deutschen, die eine Wohnung vermieten wollten, wollen das wohl nicht an ihn. Und einige davon bemühten sich nicht einmal um eine Ausrede, sondern legten wortlos den Hörer auf.

 

Falls noch ein Funken Euphorie über den Besichtigungstermin in mir war, verfliegt er, sobald wir vor dem Haus stehen. Unter anderen Umständen hätte ich vielleicht versucht, durch eine Hintertür hineinzukommen, um es als Lost Place zu fotografieren. Darauf, dass dort angeblich gerade renovierte Wohnungen zu vermieten sind, wäre ich von außen nicht gekommen.

 

 

Leider setzt sich dieser Eindruck auch innen fort. Schon die steile alte Holztreppe nach oben sorgt nicht gerade für Vertrauen. Klar, hier und dort sieht man, dass die neuen Besitzer sich Mühe gegeben haben. Allerdings ersetzt Mühe oft weder das nötige Kleingeld, noch den Fachmann. Alles sieht ziemlich provisorisch aus und frisch renoviert ist leider stark übertrieben.

 

Neue Fenster sind gerade erst eingebaut worden, also zumindest nach hinten raus, erklärt der junge Mann, der uns herumführt. Die zur Straße hinaus werden natürlich auf jeden Fall noch erneuert, bevor die neuen Mieter einziehen. Ebenso wie die Fußböden in den meisten Zimmern und das Badezimmer. Dafür aber habe er auch alle Wände neu gestrichen, also alle bis auf die mit Holz vertäfelten Schrägen im Wohnzimmer, weil er nicht genau weiß, wie er das machen soll.

 

„Es gibt noch nicht mal eine Wohnungstür“, rutscht es mir raus. „Kommt alles noch. Wir haben das Haus gekauft, weil es günstig war, aber wir haben nicht viel Geld und darum dauert alles etwas länger.“ Aber er habe die Erfahrung gemacht, dass es für seine Landsleute und andere Ausländer schwer ist, in der Stadt eine passende Wohnung zu finden und dem wolle er abhelfen.

 

Ehrlich gesagt glaube ich ihm sogar, dass er gute Absichten hat. Und auch dem Stadtbild tut es gut, wenn so manch alter Kasten, für den kein Deutscher Geld ausgeben würde, neue Eigentümer findet, die zumindest engagiert sind. Leider ist in diesem Falle gut gemeint wirklich das Gegenteil von gut gemacht und auch D.s anfängliche Begeisterung flacht allmählich ab. Dennoch will er die letzte Entscheidung F. überlassen.

 

 

Kurzerhand holt er sie ab, ihr genügt ein Blick in alle Zimmer, dann wechselt sie ein paar Worte mit D., die sogar ich deuten kann. Die Wohnung ist gnadenlos durchgefallen, allein schon wegen der steilen Treppe, auf der sie Angst um ihre Kinder hätte. Oft bedaure ich ja, dass F. bis jetzt noch keinen Deutschkurs gemacht hat und sich mir gegenüber immer noch mit einigen Bruchstücken und vielen Gesten verständigen muss, doch über ihre Andeutung wie M. ungestüm schon am ersten Tag die Treppe runterknallt und wir ihn ins Krankenhaus bringen müssen, muss ich dann doch herzhaft lachen.

 

Später berichte ich Rainer von unserem Reinfall, der im Grunde nichts anderes erwartet hat. Dennoch ist es ein erster Schritt und wenn D. so weitermacht, dann findet er auch bald etwas, muntert er mich auf. Außerdem hat er noch eine zweite positive Nachricht. In Absprache mit seinem Anwalt und über die Stadt hat er nämlich einen Gutachter für den Schimmel in der Wohnung angefordert. Der wird sich nächste Woche einen Überblick verschaffen und dann haben wir Schwarz auf Weiß, ob es am falschen Lüften liegt oder nicht. Na super, das kann ja noch spannend werden.